Bokeh – “Nebel und Schleier”

Bokeh ist ein Begriff aus der Fotografie, der die ästhetische Qualität der Unschärfe in einem Foto beschreibt. Als Bokeh bezeichnet man den verschwommenen Hintergrund eines Bildes. Unscharf oder verschwommen werden Teile eines Bildes, wenn diese außerhalb des Fokusbereichs der Kamera bzw. des Objektivs liegen. Es gibt vier Faktoren die unscharfe bzw. verschwommene Hintergründe und damit das Bokeh begünstigen. In diesem Artikel möchte ich auf diese vier Faktoren eingehen und dir vorstellen.

Was ist Bokeh?

Beim Fotografieren kannst du bewusst, Hintergrund oder Vordergrund unscharf halten, Du erzeugst so das Bokeh. Dies kann dazu beitragen, dass das Hauptmotiv in deinem Bild besser zur Geltung kommt, da es sich von der unscharfen Umgebung abhebt. Das Bokeh verleiht deinen Fotos eine gewisse Tiefe und eine künstlerische Note. Vom Betrachter wird dies oft als ästhetisch ansprechend empfunden.

Bokeh ist ein japanisches Wort und bedeutet „die Darstellung der nicht im Fokus stehenden Lichtpunkte“. Das Wort stammt aus dem Japanischen, wo boke (暈け oder ボケ) so viel wie „Nebel“ oder „Schleier“ bedeutet. (Das „h“ wurde hinzugefügt, um die richtige Aussprache im Englischen zu erleichtern [BO – KEH]). Es ist ein äußerst subjektiver Begriff – beispielsweise hört man „das Bild hat ein gutes Bokeh“ – der sich im Allgemeinen auf die ästhetische Qualität der Hintergrundunschärfe eines Bildes bezieht.

Grace Rivera, Khara Plicanic, Carli Davidson für Adobe

Die Qualität des Bokehs kann von Bild zu Bild variieren und hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Art des Objektivs, das du verwendest, der Blendenöffnung, dem Abstand zwischen dem Motiv und dem Hintergrund sowie der Anzahl der Blendenlamellen in deinem Objektiv. Objektive mit mehr Blendenlamellen erzeugen oft ein weicheres und attraktiveres Bokeh. Je lichtstärker das Objektiv ist, desto offen-blendiger kannst du damit fotografieren. Leider sind lichtstarke Objektive teurer als weniger lichtstarke Objektive.

Fotografen verwenden Bokeh häufig, um Porträts oder Nahaufnahmen von Objekten zu erstellen, bei denen das Hauptmotiv scharf ist und der Hintergrund verschwommen ist. Dies hilft, Ablenkungen, wie unschöne Vorder- oder Hintergründe, zu minimieren und die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Wesentliche zu lenken. Das Hauptmotiv wird prominent und sticht in der Aufnahme hervor.

Die Schärfentiefe bestimmt das Bokeh

Schärfentiefe ist der Bereich in einem Foto, in dem die Objekte scharf und klar erscheinen. Sie wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, einschließlich der Blendenöffnung, des Abstands zum Motiv und der Brennweite des Objektivs.

Schärfentiefe im Bild
Nicht aufgepasst, die Blüte liegt zu weit am hinteren Rand des Schärfentiefebereichs, dennoch lässt sich der Effekt der Schärfentiefe gut erkennen.

Wenn ich eine große Blendenöffnung wie f/1.8 verwende, wird die Schärfentiefe in meinem Foto sehr gering sein. Das Verwenden einer großen Blendenöffnung bezeichnet man auch als offen-blendig fotografieren. Das bedeutet, dass nur ein kleiner Bereich um den Fokuspunkt scharf sein wird, während der Rest des Bildes unscharf wird. Auf der anderen Seite, wenn ich eine kleine Blendenöffnung (geschlossen-blendig fotografieren) wie f/16 oder f/22 wähle, wird die Schärfentiefe in meinem Foto größer sein. Das bedeutet, dass sowohl das Motiv als auch der Hintergrund scharf erscheinen werden.

Der Abstand zwischen meiner Kamera und dem Motiv beeinflusst auch die Schärfentiefe. Wenn ich mich meinem Motiv nähere, wird die Schärfentiefe geringer, und wenn ich mich weiter entferne, wird sie größer. Die Wahl der richtigen Schärfentiefe hängt von meinem fotografischen Ziel ab. Für Porträts möchte ich oft eine geringe Schärfentiefe verwenden, um das Hauptmotiv hervorzuheben und den Hintergrund verschwimmen zu lassen. Bei Landschaftsfotos hingegen wähle ich normalerweise eine größere Schärfentiefe, damit alles im Bild scharf ist.

Fazit: Um einen besonders hohen Grad an Bokeh zu erreichen ist also eine geringe Schärfentiefe von Vorteil. Verwende hierfür eine möglichst offene Blende. Für die volle Kontrolle benutze ich den manuellen Modus meiner Kamera bzw. das Programm Blendenpriorität (Blendenvorwahl – Av, A).

Die richtige Wahl der Brennweite kann entscheidend sein

Die Brennweite spielt beim Bokeh eine wichtige Rolle, weil sie die Schärfentiefe in deinen Fotos beeinflusst. Wenn ich ein Teleobjektiv mit einer längeren Brennweite verwende, wie zum Beispiel ein 200mm-Objektiv, habe ich eine engere Schärfentiefe-Ebene als bei geringeren Brennweiten, etwa einem 50mm-Onjektiv.

Gezielte Anwendung von Brennweite, um unschönen Hintergrund aufzulösen
Ein Zoom komprimiert die Entfernung zwischen Motiv und Hintergrund und lässt den Hintergrund in Unschärfe tauchen.

Das liegt daran, dass Teleobjektive dazu neigen, den Hintergrund stärker zu komprimieren und die Entfernung zwischen dem Vordergrund und dem Hintergrund zu verringern scheinen. Diese Komprimierung stellt in Wahrheit nur eine Illusion dar, der Hintergrund erscheint nur größer, die Entfernung zum Hauptmotiv hat sich in Wahrheit nicht verändert. Wenn ich also mit einem Teleobjektiv fotografiere und die gleiche Blendenöffnung wie bei einem Weitwinkelobjektiv verwende, wird der Hintergrund stärker verschwimmen.

Das bedeutet, dass das Bokeh mit einem Teleobjektiv oft weicher und stärker ausgeprägt ist, da der Unterschied zwischen dem scharfen Vordergrund und dem unscharfen Hintergrund auffälliger ist. Dies ist besonders nützlich, wenn ich Porträts oder Nahaufnahmen mache und das Hauptmotiv deutlich vom Hintergrund abheben möchte. Eine Telebrennweite erlaubt zudem das Verwenden von geschlosseneren Blenden, da selbst hier der Hintergrund unscharf gezeichnet wird.

Fazit: Die Wahl der Brennweite hat einen großen Einfluss auf das Bokeh und die Schärfentiefe in deinen Fotos. Um ein auffälliges Bokeh mit einer engen Schärfentiefe zu erhalten, kann ein Teleobjektiv eine gute Wahl sein. Für den maximalen Effekt sind also große Brennweiten von Vorteil, bei Zoom-Objektiven nutze also größtmöglichen Zoom-Faktor.

Die Distanz zum Motiv entscheidet ebenfalls über das Bokeh

Die Distanz zum Motiv beeinflusst ebenfalls die Schärfentiefe und somit auch das Bokeh in deinen Fotos. Wenn ich sehr nah an meinem Motiv bin, wird die Schärfentiefe geringer sein, als wenn ich sehr weit weg von ihm bin. Das bedeutet, dass der Bereich um das Fokussierte herum, in dem die Objekte scharf erscheinen, kleiner wird – enge Schärfentiefe. Der Hintergrund und der Vordergrund werden stärker verschwimmen. Das ist besonders nützlich, wenn ich Porträts mache, da es dem Hauptmotiv hilft, sich vom Hintergrund abzuheben und eine angenehme Unschärfe im Bokeh zu erzeugen.

Die Bokeh-Technik kann genutzt werden, um einzelne Teile im Bild zu betonen.
Nicht perfekt aber die Unschärfe im Bild hebt die Hasenglöckchen im linken Teil des Bildes hervor.

Allerdings ist es wichtig zu verstehen, dass die Distanz zum Motiv nicht immer frei wählbar ist, insbesondere in bestimmten Fotografie-Genres wie Wildlife-Fotografie. Bei der Wildlife-Fotografie ist es oft erforderlich, große Distanzen zwischen dem Fotografen und dem Tier zu halten, um das Tier nicht zu stören und eine natürliche Verhaltensweise zu gewährleisten. Das erfordert den Einsatz von Telebrennweiten, die eine größere Entfernung zwischen Fotografen und Motiv ermöglichen.

Leider führt die Verwendung von Telebrennweiten dazu, dass die Schärfentiefe unter Umständen größer wird, da der Fokus auf eine größere Entfernung eingestellt ist. Das kann dazu führen, dass das Bokeh weniger ausgeprägt ist und der Hintergrund nicht so stark verschwimmt wie bei kürzeren Brennweiten. In der Wildlife-Fotografie muss man also einen Kompromiss zwischen der Distanz zum Motiv und der Bokeh-Qualität finden. Je nach Verhältnis der Distanz zum Motiv, hilft uns jedoch ein offen-blendiges fotografieren wiederum dieses Manko zu kompensieren.

Fazit: Die Distanz zum Motiv ist ein wichtiger Faktor beim Bokeh. Sie kann je nach Fotografie-Genre begrenzt sein, was die Wahl der Brennweite und die Kontrolle über das Bokeh beeinflussen kann. Du solltest deshalb, die Anforderungen deines speziellen Fotografie-Bereichs berücksichtigen. Wähle die richtige Ausrüstung und kenne die besten Einstellungen, um ein Bokeh zu erzielen. Wenn du also kannst, gehe nah an dein Motiv heran. Je näher Du an das Motiv herangehen kannst desto geringer wird die Schärfentiefe, die somit das Bokeh positiv beeinflusst.

Die Distanz zwischen Motiv und Hintergrund spielt ebenfalls eine Rolle

Die Distanz vom Motiv zum Hintergrund beim Bokeh spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Sie ist entscheidend dafür, wie ausgeprägt das Bokeh in deinen Fotos aussieht. Wenn ich mein Hauptmotiv weiter weg vom Hintergrund bringe, erhöht sich nicht nur die Entfernung zwischen dem Hauptmotiv und dem Hintergrund, sondern es führt auch dazu, dass der Hintergrund weiter in den Bereich der Unschärfe verlegt wird. Das hat einen großen Einfluss auf die Qualität des Bokehs.

Bokeh, durch Motiv - Hintergrund Distanz gestaltet
Durch gezielte Position der Kamera zum Motiv kann die Distanz zwischen Motiv und Hintergrund kontrolliert werden.

Eine größere Entfernung zwischen dem Hauptmotiv und dem Hintergrund begünstigt ein schöneres Bokeh aus mehreren Gründen. Erstens wird der Hintergrund stärker verschwommen, wenn das Hauptmotiv weiter vom Hintergrund entfernt ist. Dies führt zu einer angenehmen Unschärfe, die das Hauptmotiv mehr betont und es so hervorhebt. Zudem verleiht es dem Foto eine ästhetische Tiefe.

Zweitens können sich die Lichtquellen im Hintergrund, wie zum Beispiel Lichter von Straßenlaternen oder Glühwürmchen, in ein attraktives Bokeh mit sanften, runden Lichtkreisen verwandeln, wenn diese ausreichend verschwommen sind. Eine größere Entfernung ermöglicht es diesen Lichtquellen, sich in schöne Bokeh-Elemente (auch Unschärfekreise oder Zerstreuungskreise genannt) zu verwandeln.

Drittens wird ein größerer Abstand zwischen Hauptmotiv und Hintergrund auch dazu beitragen, störende Elemente im Hintergrund verbergen oder minimieren zu können, was die Gesamtwirkung des Fotos verbessert. Wir räumen so das Bild auf und das Motiv wird noch weiter betont und hervorgehoben.

Wenn es nicht möglich sein sollte das Motiv weiter weg vom Hintergrund zu bekommen, kann der eigene Standpunkt zum Motiv die gewünschte Wirkung ermöglichen. Wenn du zum Beispiel eine Person vor einer Wand fotografieren möchtest, dann versuche einmal dich seitlich zur Person zu stellen. Die Kombination einer offenen Blende und der Wand als Linie, die zum Motiv leitet, wird ein interessanteres Foto hervorbringen. Zudem wird die Wand vor und hinter der Person in schöner Unschärfe verschwinden.

Fazit: Die Distanz vom Hauptmotiv zum Hintergrund trägt erheblich zur Qualität des Bokehs bei. Isoliere das Hauptmotiv von seinem Hintergrund. Du kannst die Distanz durch deine Position (deine Blickrichtung) zum Motiv variieren und bestimmen. Beobachte die Ebenen in deiner Szene und wähle einen Standort an dem Motiv und Hintergrund möglichst weit voneinander entfernt erscheinen.

Schaf in der Normadie (Yport, Frankreich)
Die weißen Kreidefelsen im Hintergrund sind trotz Bokeh noch zu erkennen. Einmal ein anderer Urlaubsgruß für die, die die Normandie kennen und erahnen, wo das Bild entstanden ist.

Ein Schärfentieferechner kann dir behilflich sein

Zum Abschluss rate ich dir einen Schärfetieferechner zu nutzen, um den Effekt des Bokeh zu visualisieren (Schärfentiefe-Simulator engl.). Mit einem Schärfetieferrechner kannst du dein Kamerasetup übertragen und herausfinden, wie sich die Schärfentiefe verhält. Hierzu kannst du den Fokuspunkt, die Distanz von Hauptmotiv zu Hintergrund festlegen und mit den Parametern und verschiedenen Kameraeinstellungen und Konfigurationen experimentieren.
Ich hoffe dir hat mein Artikel zum Bokeh gefallen, erzähle doch anderen davon und hinterlasse gerne einen Kommentar.

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