Die häufigste Frage, die mir begegnet, wenn ich meine Fotos zeige, ist: „Mit welchen Einstellungen hast Du das gemacht?“ Diese Frage ist so weit verbreitet, dass sie fast schon zum Standardrepertoire eines jeden Fotografen gehört sie zu beantworten. Und jeder hat wahrscheinlich seine eigene Antwort darauf parat. Aber ganz ehrlich: Spielt das wirklich eine Rolle? Zumal die Einstellungen nur für den Moment dieser speziellen Aufnahme Gültigkeit besaßen. Natürlich gibt es technische Aspekte, die die Qualität und Art eines Fotos beeinflussen, aber in den meisten Fällen geht es um viel mehr als nur um die Einstellungen.
Der Mythos der perfekten Einstellungen
Viele glauben, dass es eine Art magisches Rezept gibt, das man nur kennen muss, um perfekte Fotos zu machen. Wenn man erst die richtigen Einstellungen gefunden hat, dann klappt alles von allein. Das ist leider ein großer Irrtum. Fotografie ist keine Wissenschaft, sondern eine Kunst, bei der das Ergebnis von so vielen Faktoren abhängt, dass man sich nicht auf eine Handvoll Einstellungen verlassen kann. Die Lichtverhältnisse, das Motiv, der Winkel, die Komposition – all das spielt eine Rolle.
Natürlich gibt es Situationen, in denen bestimmte Einstellungen sinnvoll sind. Aber die wahre Kunst liegt darin, sich auf das Motiv und die Stimmung zu konzentrieren und nicht auf das Hantieren mit den Knöpfen der Kamera. Die Kamera ist nur ein Werkzeug – das Entscheidende ist der Blick, den Du auf die Welt hast.
Der M-Modus: Ein Hindernis für den Flow?
Der M-Modus wird oft als der Königsweg in der Fotografie bezeichnet. Hier hast Du die volle Kontrolle über alle Einstellungen: Blende, Verschlusszeit und ISO. Das klingt toll, oder? Aber seien wir mal ehrlich: Wie oft hat Dich der M-Modus in eine Situation gebracht, in der Du zu lange an den Einstellungen herumgefummelt hast, während der perfekte Moment schon längst vorbei war?
Ich will den M-Modus nicht schlechtreden. Er ist großartig, wenn man genau weiß, was man tut und wenn man die Zeit hat, sich mit den Einstellungen auseinanderzusetzen. Aber in den meisten Alltagssituationen ist der M-Modus eher hinderlich. Statt sich auf das Motiv zu konzentrieren, bist Du damit beschäftigt, das perfekte Setup zu finden.
Der M-Modus ist zudem für bestimmte Arten bzw. Techniken unverzichtbar, nur um einige zu nennen, gehört hier die HDR-Fotografie, Panorama und Fokus-Stacking dazu.
Der A-Modus: Freiheit durch Automatisierung
Wenn Du wirklich das Beste aus einer Szene herausholen willst, solltest Du den A-Modus (Blendenpriorität) in Erwägung ziehen. Dieser Modus gibt Dir die Möglichkeit, Dich auf das Wesentliche zu konzentrieren: das Motiv. Du stellst die Blende ein, und die Kamera kümmert sich um die Verschlusszeit. Das ist vor allem dann praktisch, wenn Du die Kontrolle über die Tiefenschärfe behalten willst.
In vielen Situationen genügt es, die Blende festzulegen und sich dann voll und ganz auf das Motiv und die Komposition zu konzentrieren. Du musst nicht ständig an den Einstellungen drehen, sondern kannst Dich auf den Augenblick fokussieren. Und am Ende zählt ohnehin nur, ob das Bild richtig belichtet ist – die Lichtsumme muss stimmen. Die genauen Einstellungen sind dabei zweitrangig.
Falls Dich unter Umständen das ISO-Rauschverhalten Deiner Kamera stört solltest Du in den Einstellungen eine Obergrenze für die ISO-Automatik einstellen, bei der die Kamera nicht über den eingestellten Wert hinaus auswählt.
Einstellungen, A-Modus oder S-Modus? Eine Frage der Vorliebe
Ob Du den A-Modus oder den S-Modus (Verschlusszeitpriorität) bevorzugst, hängt von Deiner persönlichen Vorliebe ab und davon, was Du fotografieren möchtest. Der A-Modus ist ideal, wenn Du die Tiefenschärfe kontrollieren möchtest, zum Beispiel bei Porträts oder Landschaftsaufnahmen. Der S-Modus hingegen eignet sich hervorragend, wenn Du Bewegungen einfrieren oder Bewegungsunschärfe bewusst einsetzen möchtest.
Die Wahl des Modus ist also eine Frage dessen, worauf Du Dich konzentrieren willst. Wichtig ist, dass Du die Zusammenhänge verstehst: Eine große (offene) Blende (kleine Blendenzahl) sorgt für eine geringe Tiefenschärfe, während eine kleine Blende(nöffnung) (große Blendenzahl) für eine große Tiefenschärfe sorgt. Gleichzeitig beeinflusst die Blende aber auch die Belichtung. Umgekehrt gilt: Eine kurze Verschlusszeit friert Bewegung ein, eine lange Verschlusszeit sorgt für Bewegungsunschärfe.
Warum die Lichtsumme entscheidend ist
Am Ende des Tages geht es immer um die Lichtsumme im Bild – die richtige Belichtung. Egal, ob Du den A-Modus oder den S-Modus verwendest, was zählt, ist das Zusammenspiel von Blende, Verschlusszeit und ISO, um die richtige Lichtmenge auf den Sensor zu bekommen.
Wenn Du den Zusammenhang zwischen diesen drei Einstellungen verstehst, kannst Du in jeder Situation die richtige Wahl treffen. Die richtige Belichtung sorgt dafür, dass Dein Foto weder zu hell noch zu dunkel ist, sondern die Szene so wiedergibt, wie Du sie wahrgenommen hast.
Mein Weg: Fokussiere Dich auf das Wesentliche
Wenn Du mich fragst, worauf es in der Fotografie wirklich ankommt, dann ist es nicht das ständige Verstellen der Kameraeinstellungen. Ich habe festgestellt, dass ich die besten Fotos mache, wenn ich mich auf das Motiv und die Komposition konzentriere, anstatt mich in technischen Details zu verlieren. Die Kamera ist ein Werkzeug, und wie jedes Werkzeug sollte sie intuitiv und einfach zu bedienen sein.
Das bedeutet nicht, dass Technik unwichtig ist. Im Gegenteil: Es ist wichtig, die Grundlagen zu beherrschen und zu verstehen, wie Blende, Verschlusszeit und ISO zusammenwirken. Aber sobald Du das verstanden hast, solltest Du Dich davon befreien, ständig an den Einstellungen zu schrauben, und stattdessen einfach fotografieren.
Fazit zu Einstellungen: Fotografiere, statt einzustellen
Am Ende des Tages geht es darum, das Bild zu machen – nicht um die Einstellungen, die Du dafür verwendest. Die beste Kamera ist die, die Du in der Hand hast, und die besten Einstellungen sind die, die Du intuitiv triffst, während Du Dich auf das Motiv konzentrierst.
Fotografie sollte Spaß machen und Dir die Freiheit geben, Deine Sicht auf die Welt festzuhalten. Lass Dich nicht von technischen Details ablenken, sondern nutze die Möglichkeiten, die Dir die moderne Kameratechnologie bietet, um Dich voll und ganz auf das Wesentliche zu konzentrieren: das Bild.
In diesem Sinne: Stellst Du noch ein, oder fotografierst Du schon?
Toller Beitrag!
Ich habe mich auch irgendwann vom „Voll-Manuellen“ Modus verabschiedet und begnüge mich mit den der jeweiligen Situation relevantesten Einstellungen. Also jeweils Belichtungszeit oder Blende – wobei ich für ISO und Belichtungszeit jeweils Maximalwerte in der Kamera für den Automatik Modus hinterlegt habe. Manchmal spiele ich noch an der Belichtungskorrektur. Das wars dann aber echt schon!
LG
Christopher