Jede Entscheidung, die man als Fotograf trifft, dient letzten Endes dazu, das Motiv im Bild zu definieren und den Betrachter auf dieses Motiv hinzuweisen. Deshalb ist das Ziel der ersten Grundidee, das Motiv klar zu definieren und vom Hintergrund abzuheben. Schließlich wollen wir dem Betrachter unserer Fotos etwas zeigen und womöglich eine Aussage treffen. Das Motiv sollte also klar definiert werden. Verfehlen wir dieses Ziel und haben kein klar erkennbares Motiv, so verliert sich der Betrachter im Bild, seine Augen blicken ratlos ins Bild und springen darin umher, da sie sich auf der Suche nach dem eigentlichen Motiv befinden. Der Betrachter verliert die Lust und wird das Bild nicht länger anschauen wollen, es wird als langweilig und uninteressant empfunden.
Entscheidungen
Die Entscheidungen, die wir als Fotograf zu treffen haben, treffen wir bei jeder Aufnahme aufs Neue. Wir treffen bereits die ersten Entscheidungen noch bevor wir das Foto machen. Eine der ersten Entscheidungen betrifft die Bildgestaltung. Was ist das Motiv, welche Perspektive unterstützt das Motiv, gibt es Elemente in der Szene, die zum Motiv hinleiten, auf das Motiv aufmerksam machen oder es gegebenenfalls einrahmen?
Weiter gehen unsere Entscheidungen: noch vor dem Drücken des Auslösers an der Kamera. Sind Bildausschnitt und Perspektive gewählt, müssen wir, unter anderem, uns und die Kamera positionieren. Einen Blickwinkel wählen, das geeignete Programm auswählen, die passende Belichtung finden und den Schärfebereich sowie Fokus definieren. Ist das Bild auf der Speicherkarte, folgen weitere Entscheidungen: bleibt das Foto bunt oder wandeln wir es in ein Schwarz-Weiß-Foto um? Korrigieren wir den Bildausschnitt oder sind weitere Anpassungen, wie nachträglicher Weißabgleich oder eine Tonwertkorrektur notwendig. Alle Entscheidungen führen letztendlich zu dem Ziel, das Motiv herauszuarbeiten und es klar zu definieren.
Hintergrund
Wir müssen dabei auch auf den Hintergrund achten, denn dieser sollte sich klar vom Motiv abheben. Wir haben hier mehrere Möglichkeiten, um dies zu erreichen: die Perspektive und der Blickwinkel erlauben es je nach Szene, den Hintergrund zu vereinfachen. Die Brennweite und Blendenvorwahl können störende Elemente entfernen oder in Unschärfe versinken lassen. Störende Farben können unter Umständen durch eine Umwandlung in Schwarz-Weiß beseitigt werden. Auf der anderen Seite kann, eine Umwandlung auch zu Problemen führen (doch hierzu später mehr).
Das folgende Bild ist ein Beispiel für das Fehlen eines klaren Motivs, doch sehen Sie selbst und sagen Sie – Was im Bild ist das eigentliche Motiv?

Viele werden hier eventuell ähnliche Bilder gemacht haben. Sie wollten unter Umständen das Haus, den Brunnen oder die Brücke fotografieren. Und die meisten können mir mit der Aussage beipflichten: das ist genau die Szene, genau so habe ich sie vor Ort gesehen. Doch ist es wirklich so? Beim Fotografieren hatte ich eigentlich den Brunnen im Visier, die Vögel, die darin gebadet haben, hatten meine volle Aufmerksamkeit erlangt. Achten Sie deshalb darauf, was im Sucher der Kamera zu sehen ist.
Mensch vs. Kamera
Unser Auge fokussiert alles, was von Interesse ist und das Gehirn blendet alles Uninteressante aus. Eine Kamera hat kein Gehirn, sie weiß nicht, was wir fotografieren wollen, noch was in unserem Bild das Motiv sein soll. Und so ist das obige Foto, im Gegensatz zu der von uns wahrgenommenen Szene vor Ort, mit allem „Ballast“ behaftet. Während wir uns bei der Aufnahme auf die Vögel konzentriert haben, hat unser Gehirn alles „Beiwerk“ ausgeblendet. Wir waren viel zu sehr mit der Beobachtung der badenden Vögel beschäftigt, als dass wir uns auf den „wahren“ Ausschnitt im Kamerasucher besonnen haben. Wir waren so auf das Motiv konzentriert, dass das Gehirn alles Unwesentliche ausgeblendet hat. Wir haben vergessen, für die Kamera mitzudenken. Wir haben uns nicht auf das gesamte Bild im Sucher konzentriert. Wir haben nicht auf die Umgebung und den Hintergrund geachtet, der die badenden Vögel umgeben hat.
Das Foto
Ein fertiges Foto ist lediglich ein zweidimensionales Endergebnis einer für uns ansonsten räumlichen, dreidimensionalen Realität. Ein Foto lässt dem Betrachter keinen Raum, sich auf das Motiv zu konzentrieren, es gibt keinen Raum mehr, in dem unsere Augen fokussieren und sich auf ein Motiv konzentrieren können. Die Kamera hat die gesamte Szene, so, wie sie im Sucher zu sehen war, aufgenommen. Die Kamera weiß nicht, was von Interesse war und was das eigentliche Motiv sein sollte. Unser Gehirn erfasst nun das fertige Bild komplett, als Ganzes, doch es fehlt das klare Motiv. Das Auge springt umher und sucht im Foto nach dem Motiv, unser Blick verliert sich im Foto, das Bild wirkt langweilig und uninteressant.
Das Motiv
Das folgende Bild zeigt nun das klar definierte Motiv, um das es in der Szene ging. Durch Positionswechsel, Veränderung des Blickwinkels und eine Anzahl anderer Entscheidungen, ist das eigentliche Motiv nun in Szene gesetzt worden. Unsere Entscheidungen haben die Szene geordnet, das Motiv klar definiert und es vom Hintergrund getrennt.

3 Gedanken zu „Klar definiertes Motiv und Hintergrund“