Als ich das Buch „Fotografieren in der Natur“ aufschlug, erwartete ich zunächst einen typischen Fotografie-Guide – eine Art Anleitung für die Kamera im Grünen. Doch schnell zeigte sich, dass dieses Buch weit mehr ist als eine technische Einführung. Es ist ein inspirierender Leitfaden, der dazu anregt, die Kamera zu schnappen und hinauszugehen, um die Natur neu zu entdecken. Die acht Autor:innen, allesamt erfahrene und renommierte Naturfotograf:innen, haben gemeinsam mit dem Rheinwerk-Verlag ein Werk geschaffen, das Naturfotografie praxisnah erklärt und dabei die Schönheit der Natur sowie den Respekt vor ihr auf besondere Weise vermittelt.
Aufbau
Schon beim ersten Durchblättern fällt die klare Struktur des Buches auf. Es ist in verschiedene Themenbereiche gegliedert, die Pflanzen und Pilze, Tiere, Landschaften und besondere Lichtstimmungen umfassen. Jedes Kapitel widmet sich einem bestimmten Aspekt der Naturfotografie und ist gleichzeitig in kleine Workshops unterteilt, die spezifische Techniken und Ideen vorstellen. Insgesamt gibt es über 60 Mini-Workshops, die nicht nur die Praxis der Fotografie behandeln, sondern auch inspirieren. Genau diese Verbindung macht das Buch besonders: Es zeigt, wie man als Fotograf:in nicht nur technisch, sondern auch kreativ und intuitiv arbeiten kann.
Workshops
Ein echtes Highlight sind die Schritt-für-Schritt-Anleitungen in jedem Workshop. Sie bieten Einsteiger:innen klare Anleitungen und helfen Fortgeschrittenen, den ein oder anderen Kniff zu lernen oder Neues auszuprobieren. Die Anleitungen umfassen Tipps zur Wahl der richtigen Brennweite, zur optimalen Lichtauswahl und zum idealen Bildausschnitt. Gleichzeitig ist jeder Workshop praxisnah gestaltet, sodass man sich ganz ohne teures Equipment an die Umsetzung wagen kann. Die Grundausstattung, wie sie zu Beginn der Kapitel aufgeführt wird, ist überschaubar und realistisch umsetzbar. Das Buch betont immer wieder, dass es letztlich auf das Auge und die eigene Kreativität ankommt – und dass man mit jeder Kamera gute Bilder machen kann, wenn man ein Gespür für Motive und Licht entwickelt.
Ein weiterer Punkt, der besonders hervorsticht, ist die Herangehensweise der Autor:innen. Die Leidenschaft, mit der sie über Naturfotografie schreiben, ist in jeder Zeile spürbar. Es ist, als würde man in ihren Gedanken versinken und sich plötzlich ganz neu für Dinge wie die Lichtverhältnisse beim Sonnenaufgang oder das Spiel von Schärfe und Unschärfe begeistern. Die Autor:innen teilen nicht nur technische Details, sondern geben auch Einblicke in ihre persönliche Erfahrung und die Entstehungsgeschichte ihrer Bilder. Dadurch bekommt man als Leser:in das Gefühl, ihnen bei ihren fotografischen Streifzügen durch die Natur direkt über die Schulter schauen zu können.
Beispielfotos
Die Beispielbilder sind ebenfalls ein Höhepunkt des Buches. Sie illustrieren die unterschiedlichen Techniken und zeigen, wie vielseitig Naturfotografie sein kann. Die Fotos sind nicht nur dazu da, das Geschriebene zu unterstützen, sondern wirken fast wie kleine Kunstwerke, die man länger betrachten möchte. Sie geben Anreize und Ideen, inspirieren und zeigen, wie man auch einfache Motive zu einem Hingucker machen kann. Dabei geht es nicht um übertriebene Bearbeitung oder unrealistische Farben, sondern um die authentische Schönheit der Natur, festgehalten in eindrucksvollen Bildern. Besonders faszinierend finde ich, wie die Fotograf:innen es schaffen, selbst gewöhnliche Motive wie Blätter oder Grashalme durch Licht und Perspektive spannend und ungewöhnlich zu gestalten.
Die Abschnitte über die verschiedenen Jahreszeiten zählen für mich zu den stärksten Aspekten des Buches. Sie eröffnen eine neue Perspektive darauf, wie dynamisch die Natur ist und wie sie sich im Laufe des Jahres verändert. Dasselbe Motiv im Frühling und im Winter zu fotografieren, hätte ich vorher nie als spannende Aufgabe gesehen. Die Autor:innen zeigen, wie man die typischen Farben und Stimmungen jeder Jahreszeit einfangen kann, und geben nützliche Tipps, um sich auf bestimmte Jahreszeiten vorzubereiten. Besonders der Abschnitt über die magischen Momente bei Sonnenaufgang und -untergang hat mich begeistert – ich hätte nie gedacht, wie viel die „goldene Stunde“ zur Bildgestaltung beiträgt und wie lebendig und intensiv sie Fotos wirken lässt.
Balance
Ein großer Pluspunkt des Buches ist die Balance zwischen technischer und künstlerischer Seite der Fotografie. Technik wird erklärt, ja – von Kameraeinstellungen über die Wahl der Objektive bis hin zur Auswahl des besten Zubehörs – aber es wird nicht zu technisch. Für Einsteiger:innen werden alle Fachbegriffe in klarer und verständlicher Sprache erläutert, ohne dass das Buch dabei wie ein trockenes Lehrbuch wirkt. Erklärungen zu Blende, Verschlusszeit oder ISO sind kurz und präzise, und trotzdem hat man am Ende das Gefühl, einen fundierten Einblick in das Handwerk erhalten zu haben.
Der Exkurs über naturverträgliches Fotografieren ist ein weiteres wichtiges Thema, das das Buch behandelt. Es geht hier darum, wie man als Fotograf:in respektvoll und umweltbewusst mit der Natur umgeht, ohne Flora und Fauna zu stören oder zu gefährden. Die Tipps zum minimalinvasiven Fotografieren und die Betonung, dass bestimmte Pflanzen oder Tiere geschützt sind und mit Vorsicht behandelt werden müssen, machen klar, dass die Autor:innen die Natur nicht nur als Motiv, sondern als wertvolles Gut schätzen, das es zu bewahren gilt. Das hat mich persönlich sehr beeindruckt, denn es zeigt, dass dieses Buch nicht nur die Kunst der Fotografie, sondern auch eine umsichtige Haltung vermittelt.
Mein Fazit zum Buch ©Fotografieren in der Natur
Zusammengefasst bietet „Fotografieren in der Natur“ eine wunderbare Mischung aus Inspiration, Anleitung und technischem Wissen, verpackt in einer ansprechenden und leicht verständlichen Sprache. Es hat mich dazu gebracht, die Natur mit neuen Augen zu sehen und die Kamera öfter mitzunehmen, um diese besonderen Momente einzufangen. Für Anfänger:innen ist es ein idealer Einstieg in die Welt der Naturfotografie, und für Fortgeschrittene bietet es spannende Perspektiven und neue Techniken. Wer die Natur und Fotografie liebt, wird in diesem Buch einen Schatz finden – einen Begleiter für die nächste Fototour und eine Quelle der Inspiration für jedes Bild, das noch entstehen soll.
Erscheint am 7.11.2024 im Verlag Rheinwerk