Wer mal die eigenen vier Wände fotografiert hat, kennt das Problem: Die Fenster sind überbelichtet, der Innenraum zu dunkel. Immobilienfotografen nutzen verschiedene Techniken, um mit den schwierigen Lichtsituationen umzugehen. Wie Christian von ImmoFoto Leipzig vorgeht, zeigt er in diesem Gastbeitrag.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Immobilien zu fotografieren. Ich habe meine Technik so entwickelt, dass ich eine hohe Qualität erziele und trotzdem schnell bin. Denn vor Ort hat man oft wenig Zeit, wenn der Makler oder Eigentümer wartet. Umso wichtiger ist es, sich auf ein Shooting sorgfältig vorzubereiten. Deshalb habe ich eine Packliste mit allen Dingen, die ich mitnehme.
Immobilien Fotografie Equipment
Dazu gehört eine Nikon Z6 mit Vollformatsensor, ein Weitwinkel-Objektiv (Nikon Z 14-30mm f4), eine Festbrennweite (Nikon Z 50mm f1.8) für Detailaufnahmen und ein schweres/stabiles Stativ (Slik Pro 700 DX). Das Stativ ist besonders wichtig. Nur so kann ich Belichtungsreihen machen und länger belichten, ohne dass es zu Verwacklungen oder Bildrauschen kommt. Und schließlich ist das Stativ wichtig, um die Kamera gerade ausrichten zu können. Das funktioniert am besten in Kombination mit einem Getriebeneiger.
Fotografieren vor Ort
Bevor ich eine Wohnung oder ein Haus fotografiere, laufe ich erstmal durch die Räume, um ein Gefühl für das Objekt zu bekommen: Gibt es besondere Details? Wie ist das Licht? Was sind interessante Perspektiven? Bieten die Fenster eine schöne Aussicht? Außerdem mache ich alle Lichter an, um eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen. Die Zimmer sind im besten Fall sauber und aufgeräumt. Daran erinnere ich meine Kunden noch vor dem Shooting.
Sobald alles passt, kommt die Kamera aufs Stativ. Dieses befindet sich fast immer auf Brust- bzw. Bauchhöhe. Im Schlafzimmer kann man auch tiefer gehen, weil das niedrige Bett das Motiv ist. Bei Außenaufnahmen wird das Stativ dagegen maximal ausgefahren, um die Kamera weniger nach oben kippen zu müssen (was zu „stürzenden Linien“ führt).
Kameraeinstellungen
Ich nutze den manuellen Modus, stelle ISO 100, Blende 8 und eine passende Belichtungszeit ein. Dabei schaue ich auf das Histogramm und nicht auf das, was die Kamera als Belichtungszeit vorschlägt. Denn die versucht, Fenster und Innenraum in einem Bild korrekt zu belichten. Das kann aber nicht funktionieren, weil der Helligkeitsunterschied in der Regel viel zu groß ist.
Hier kommt die Belichtungsreihe ins Spiel, bei der man mehrere unterschiedlich belichtete Aufnahmen von einem Motiv macht. In meinem Fall sind das Innenräume, von denen ich in der Regel drei Aufnahmen benötige. Bei der ersten Aufnahme sollte der „Berg“ im Histogramm ein wenig rechts vom Zentrum liegen, bei den anderen links (dunkler) und rechts (heller) davon.
Mit automatischen Belichtungsreihen geht das am schnellsten: Ich stelle die Kamera so ein, dass sie drei Aufnahmen im Abstand von je zwei Blenden macht. In Verbindung mit dem Selbstauslöser (5 Sekunden) muss ich dann nur die erste Aufnahme einstellen – den Rest macht die Kamera. Auf diese Weise habe ich dann in der Bildbearbeitung genug Spielraum, um den hohen Dynamikumfang abzubilden.
Bildbearbeitung
In der Bildbearbeitung werden die Dateien manuell miteinander kombiniert. Dieses Verfahren wird „Exposure blending“ (=Belichtungsvermischung) genannt. Dafür verwende ich die Programme Capture One und Affinity Photo. Mit Capture One entwickle ich die RAW-Dateien. Hier kann man Presets anlegen, um bestimmte Anpassungen nicht immer manuell vornehmen zu müssen (z.B. Schatten aufhellen und Lichter reduzieren). Wichtig ist vor allem, dass Perspektivkorrekturen und Anpassungen des Weißabgleichs bei allen Aufnahmen einer Belichtungsreihe identisch sind. Sonst gibt es Probleme beim Kombinieren der Aufnahmen.
Und das ist auch der nächste Schritt: Die von Capture One exportierten .tif-Dateien importiere ich in Affinity Photo und lege sie als Ebenen übereinander. Mit Ebenenmasken kann ich nun ausgewählte Bereiche in die erste Innenaufnahme einblenden. Wenn beispielsweise das Licht auf dem Boden zu hell ist, blende ich dort mit einem weichen Pinsel die Ebene der dunkleren Aufnahme ein. Umgekehrt kann ich dunkle Ecken aufhellen, indem ich an diesen Stellen die hellere Aufnahme einblende. Und die unterbelichtete Fensteraufnahme bringe ich nur dort zum Vorschein, wo man nach draußen blickt. Das Ergebnis sind authentische Farben ohne HDR-Look.
Wenn alles erledigt ist (ggf. auch Retusche), exportiere ich die Fotos im JPEG-Format. Bei „Resample“ wähle ich „Lanczos 3 Separable“ und bei Qualität den Wert 85. In Affinity Photo kann man diese und weitere Exporteinstellungen (z. B. auch den Farbraum) als Presets speichern. Abschließend sende ich meinen Kunden die fertigen Immobilienfotos in zwei Auflösungen (Web und Original) per Cloud-Link.
Über den Gastautor
Christian von ImmoFoto Leipzig ist Immobilien Fotograf. Während diese Art der Fotografie hierzulande weniger verbreitet ist, ist dieses Genre der Fotografie in den USA sehr weit verbreitet. Makler, Architekten, Bauherren sowie Hausbesitzer legen dort höchsten Wert auf gut ausgeleuchtete Fotos. Die Fotos sollen das Interesse am Objekt, sei es nun eine Wohnung, Haus oder Hotel, wecken. Christian weist mit über 10 Jahren Erfahrung eine hohe Kompetenz aus und kennt worauf es bei Immobilienfotos ankommt.