Der fotografische Blick, ein Buch von Michael Freeman, erschienen im mitp Verlag – eine Rezension von Jörg Knörchen Sensorgrafie. “Die meisten Menschen versuchen, die Kamera zu beherrschen, wobei sie ihre eigenen Ideen ignorieren. Sie fotografieren intuitiv, ohne darüber nachzudenken, warum sie bestimmte Motive verewigen wollen. Jeder, der es auf diese Weise richtig macht, ist ein Naturtalent. Doch das Wissen über bestimmte Kompositionen kommt jedem Fotografen zugute.” (Aus der Einleitung)
Über die Einleitung
Ich finde Vorworte und Einleitungen eines Buches sehr spannend, da hier oft der Inhalt des Buches oder die Attitüde des Autors prägnant beschrieben wird. Wer sich ein Buch kaufen möchte sollte nicht nur den Klappentext und Buchrücken lesen sondern auch die Einleitung.
Alleine die vier Sätze aus der Einleitung aus dem Buch “The Photographer’s Eye” so der englische Original-Titel, gibt Aufschluss über das behandelte Thema. Okay, der aufmerksame Leser, schreit jetzt auf und sagt zurecht, das tut doch oft schon der Titel. Richtig. Doch während der Titel der “Eye-Catcher” ist, holt die Einleitung den Leser ab und bereitet ihn auf den Inhalt und die Quintessenz vor.
Die Kamera und all die tollen Gadgets sind nur Spiel- und Werkzeuge, die man zwar beherrschen sollte, doch die Fähigkeiten und Fertigkeiten ein erfolgreiches Bild zu machen übersteigen die Technik und Beschreiben das Können einer Fotografin bzw. Fotografen.
Auf der einen Seite gibt es also die Naturtalente und auf der anderen Seite die, die sich dieses Können aneignen müssen, doch wie es in der Einleitung so schön heißt, das Wissen kommt jedem Fotografen zugute.
Über das Buch · Der fotografische Blick
“… wie man ein Bild aufbaut, woraus ein Bild besteht, wie die Formen zueinander stehen, wie die Räume gefüllt werden, wie das Ganze zu einer Einheit wird” – Paul Strand
Dieses Zitat steht als Untertitel zur Einleitung und beschreibt kurz und bündig worum es in einem Bild bzw. der Bildkomposition geht.
Michael Freeman vergegenwärtigt dem Leser genau worauf es bei dieser “Einheit” und dem fotografischen Blick ankommt. Er zeigt zahlreiche Fotobeispiele “zerlegt” Bilder, ordnet an und deckt auf. Freeman nimmt den Leser mit auf den Entstehungsprozess seiner Bilder. Da es seine Bilder sind wirkt das Buch nicht als Lehrbuch sondern zeigt Möglichkeiten auf und gibt Impulse.
Intuition wird in Wissen gewandelt, damit dieses Wissen gezielt bei der Umsetzung der eigenen Fotografie genutzt und angewendet werden kann. Bildkomposition und Gestaltung (Design) gliedert er dabei in sechs Kapitel:
- Der Rahmen
- Designergrundlagen
- Grafische und Fotografische Elemente
- Komposition mit Licht und Farbe
- Die Intention
- Entstehungsprozess
Auch wenn sich die Kapitelüberschriften im Gegensatz zu seinem Vorwort eher trocken und weniger spannend anhören, so beinhalten sie weitaus spannende Themen zur Bildkomposition.
Die Kapitel und Themen zur Bildkomposition
Der Leser erfährt wie er dem Bild den passenden Rahmen gibt durch Beschneiden, Ausfüllen und Platzieren. Die Grundlagen enthalten auch die vier meiner Meinung nach wichtigsten Eigenschaften der Bildgestaltung, die Balance, Motiv und Hintergrund, Perspektive und Einfachheit.
Geometrische oder grafische und Fotografische Elemente, wie Linien, Punkte werden verdeutlicht und zeigen wie der Betrachter ein Bild wahrnimmt. Komposition mit Licht und Farbe zeigt die Herausforderungen der Farbfotografie.
Die beiden letzten Kapitel bzw. Themen findet man seltener in Büchern in denen es um Bildkomposition und Gestaltung geht. Zumindest in dieser Form, denn sie beschreiben den Prozess, die Entstehung des Bildes und bringen die vorherigen Themen zueinander. Um so spannender empfand ich diese Themen.
Die Intentionen stellt Freeman immer komplementär vor, zum Beispiel “Konventionell oder herausfordernd”, “Einfach oder komplex” oder “Eindeutig oder unklar”. In der Einleitung zum letzten Kapitel schreibt Freeman: “In der Kunstkritik im Allgemeinen und in der Fotografie im Speziellen erfährt der Entstehungsprozess einer Arbeit nur selten die Beachtung, die ihm gebührt.”
Hier geht es um die Entscheidungen, die eine Fotografin oder der Fotograf getroffen haben mag ein Foto zu komponieren oder zu machen. Bei einer gelungenen Aufnahme kommt es auf die Geschicklichkeit und Aufmerksamkeit des Fotografen an.
Mein Fazit zum Buch: Der fotografische Blick
Mit 192 Seiten und zum Preis von 29,99 € auf den ersten Blick ein recht dünnes Buch zu einem gewaltigen Thema. Auf den zweiten und dritten Blick jedoch findet der Leser alle Zutaten für eine gute Bildkomposition die eigenen Bildideen optimal umsetzen zu können. So steht es auch auf der Rückseite des Buches beschrieben.
Die Erstauflage des englischen Buches war 2007, mir liegt heute die zweite Auflage aus 2014 vor. Auch wenn das Buch schon etwas älter ist, so ist sein Inhalt nach wie vor “State of the Art” und hat seine Gültigkeit. Es vermittelt die wichtigsten Handfertigkeiten, die eine Fotografin oder Fotograf “drauf haben” sollte.
Manche können es Intuitiv, sind Naturtalente, andere müssen sich das Wissen aneignen, doch es hilft allen Fotografen sich noch einmal vor Augen zu halten, weshalb der fotografische Blick zum Erfolg werden und in tollen Aufnahmen gipfeln kann. Es wäre ein Fehler das Hintergrundwissen nicht zu nutzen oder nur im Unterbewusstsein schlummern zu lassen.
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